Von: ct
14.07.2020

Exponat des Monats Juli 2020

Postkarten aus der Römerstadt


Es ist Sommer – Ferienzeit! Wann haben Sie die letzte Postkarte aus dem Urlaub auf „Balkonien“ geschrieben? Egal, ob es schon eine Weile her ist oder nicht, schreiben Sie doch mal wieder! * Ansichtskarten sind nicht nur persönliche Erinnerungsstücke, sie sind auch ein Zeitdokument. So bezeugen die historischen Postkarten beispielsweise der Siedlung Römerstadt die Veränderungen am Ladenhausblock. Auf einer anderen Ansichtskarte sieht man den ursprünglichen Verlauf der Hadrianstraße ohne deren Überquerung durch die Rosa-Luxemburg-Straße – eine Situation, an die sich viele Bewohnerinnen und Bewohner nicht mehr erinnern können. Aus heutiger Perspektive sind die Straßenansichten ohne die dort parkenden Autos ungewohnt. Zudem geben die noch kleinen Bäume einen unverstellten Blick frei auf die Gestaltung der Häuser, als gerade die ersten Mieter eingezogen waren.


Postkarte mit einer Anischt der Hadrianstraße, um 1930
(Private Sammlung)


Postkarte mit einer Ansicht der Hadrianstraße, um 1955
(Sammlung der ernst-may-gesellschaft)

Die Siedlung Römerstadt war seit ihrer Fertigstellung in den späten 1920er Jahren eines der architektonischen Highlights in Frankfurt und nicht nur unter Architekten ein populäres Ausflugsziel. Die alten Postkarten belegen, dass die zu den modernsten Siedlungen Deutschlands zählende Römerstadt auch ein beliebtes Postkartenmotiv unter den Bewohnerinnen und Bewohnern der neuen Wohnungen und Häuser sowie deren Gäste war. Sie schickten die Grüße an Verwandte und Freunde im In- und Ausland. Auf der Karte mit einer Ansicht der Hadrianstraße schwärmte im August 1930 eine Person auf Französisch: „Diese Karte […] gibt Ihnen nur einen schwachen Eindruck von den Wunderwerken, die man in Frankfurt errichtet hat, um den Wohnungsmangel zu beheben.“


Vorderseite


Rückseite. Postkarte mit einer Ansicht der Hadrianstraße, um 1930
(Sammlung der ernst-may-gesellschaft)

Die Ansichten sind zum Teil echte Schwarz-Weiß-Foto-grafien, andere Karten wurden im Schwarz-Weiß-Druck hergestellt. Sind die Postkarten gelaufen, tragen sie eine Briefmarke und den Poststempel, wodurch sie zeitlich einzuordnen sind. Die Karte mit dem Luftbild der Siedlung Römerstadt wurde am 10. Oktober 1933 nach Leipzig geschickt, also nur wenige Monate nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, unter deren Regime unzählige Menschen das Land verlassen mussten oder getötet wurden. Unter ihnen waren auch viele Leute, die das schufen, was in den Texten und Bildern der Ansichtskarten bewundert und gepriesen wurde.  
Postkarte mit Luftbild der Siedlung Römerstadt (Vorderseite)
und der Briefmarke (Rückseite), galaufen 1933
(Sammlung der ernst-may-gesellschaft)
* Postkarten-Sets mit je 10 aktuellen oder historischen Motiven des Neuen Frankfurt gibt es im mayshop für 7,50 € zu kaufen. Text: Christina Treutlein, Übersetzung: Dr. Mircea Ogrin