01.03.2017

Exponat des Monats März 2017

Linoleum – Hommage an einen Bodenbelag



Die Geburtsstätte des Linoleum liegt in Großbritannien: 1864 beantragte der Engländer Sir Frederick Walton (1834-1928) das Patent zur Fertigung des Belagsmaterials. Der umtriebige Erfinder meldete in seinem Leben insgesamt 88 Patente an. Linoleum ist ein reines Naturprodukt und setzt sich aus Leinöl, Baumharz, Korkmehl, Holzmehl, Kalkmehl und Farbpigmenten zusammen. Das Gemisch wird auf einen Jutegewebeträger gepresst, nach 4 Wochen Reifezeit entsteht durch Oxydation das Linoleum. 

Sir Frederick Walton (1834-1928)

Aus Linoleum ist auch der Bodenbelag im Wohnzimmer desIn den 1920er Jahren avancierte die Ästhetik des Linoleums zu einem wesentlichen Element moderner Innenarchitektur und fand ungeahnte Verbreitung. Der Bodenbelag wurde auf zahllosen Fachausstellungen angepriesen und in diversen bedeutenden Bauten der Moderne verlegt. Ernst May verwandte ihn für die Siedlungen des Neuen Frankfurt, Walter Gropius für die Meisterhäuser in Dessau. In Deutschland zeichneten die Deutschen Linoleum Werke (DLW) ab 1896 für die Produktion verantwortlich. Noch heute werden hier Linoleumbeläge durch die Firma DLW - Armstrong gefertigt.

Nicht nur seine Materialzusammensetzung, sondern auch die daraus resultierende fungizide und antibakterielle Wirkung machten das Linoleum auch als Oberflächenbelag für Küchenmöbel interessant – in schnittfester Ausführung. Durch seine fast fugenlose Verlegung und die einfachen Reinigungsmöglichkeiten erfüllte das Linoleum auch die strengen Anforderungen der auf Hygiene bedachten Architekten des Neuen Bauens.

Bereits in den 1920er Jahren drängten Konkurrenzprodukte wie Triolin und Stragula auf den Markt und die mit Linoleum erzielten Umsatze gingen zurück. Mit dem Boom von PVC-Belägen in den 1960er und 1970er Jahren kam die Produktion fast völlig zum Erliegen. Heute erfährt der Linoleumbelag durch seine hochwertigen Bestandteile und der damit verbundenen Nachhaltigkeit eine Renaissance. Die einfarbigen Linoleumbeläge werden seit rund 150 Jahren unverändert hergestellt und zu Ehren ihres Erfinders Uni–Walton genannt. Im Musterhaus sind alle Bodenflächen außer Bad, Küche und Flur, vollflächig mit Linoleum belegt. Die Oberfläche des heutigen Linoleumsbelag wurde vom Hersteller zur besseren Reinhaltung mit einer hauchfeinen Polyurethanschicht versehen. In den 1920er Jahren musste er mit Wachs gebohnert werden.

Aus Linoleum ist auch der Bodenbelag im Wohnzimmer des restaurierten mayhauses

Mit dem Musterhaus erlaubt die ernst-may-gesellschaft unmittelbare Einsichten in den Stil der Neuen Sachlichkeit. Unser Bemühen um möglichst große Objektnähe umfasst auch die Präsentation und Erläuterung von zeitgenössischen Materialien. Die Vorstellung unseres "Exponates des Monats" bietet darüber hinaus Gelegenheit für tiefergehende und "interaktive" Information. 

Text: Gilbert Töteberg