30.03.2015

Exponat des Monats April 2015

Die Tapete in Zeiten des Neuen Bauens


Architekten des Neuen Frankfurt hatten für die Gestaltung der Innenwände ihrer Siedlungshäuser zwei Möglichkeiten: Sie konnten die Räume entweder anstreichen oder mit Tapeten versehen, "von denen die einen zu teuer, die anderen zu schlecht und beide meistens unpassend waren". So erinnerte sich Hans Leistikow später, der seit 1925 für die graphischen Belange des Frankfurter Hochbauamtes verantwortlich war. Für die Vertreter des Neuen Bauens war es schwer vorstellbar, die modernen Kleinwohnungen mit bürgerlichen Blumentapeten oder großformatigen expressionistischen Mustern zu bekleben, wie sie zu Beginn des Jahrhunderts üblich waren. Andererseits lagen die Vorteile von Tapeten auf der Hand: Neben dem geringeren Arbeitsaufwand gaben sie größeren Wärmeschutz, schonten den Putz, und ließen bei der Verarbeitung die Farben unbeeinflusst.

Das Frankfurter Hochbauamt entschied sich zunächst für den Anstrich. Es kam jedoch bald zum Kontakt mit der Marburger Tapetenfabrik AG, woran der Graphiker Hans Leistikow wesentlichen Anteil hatte. Nach seinen Vorschlägen brachte die Tapetenfabrik schon 1926 eine Serie einfarbiger Normtapeten als "Frankfurter Siedlungstapeten" heraus. Bald darauf erschien die sogenannte Rastertapete, für die die einfarbige Tapete mit einem gleichmäßigen engen Netz in verwandten Farben überdruckt wurde.

Werbung in der Zeitschrift
"Das Neue Frankfurt"
im Jahr 1929

Die Marburger Tapetenfabrik legte bald eine größere Auswahl vor, die auch gemusterte Tapeten enthielt, "welche besondere Rücksicht auf den kleinen Raum nahmen", wie Hans Leistikow betonte. "Die Farben waren durchweg hell und zart, und die Muster bestanden vorzugsweise aus geometrischen Ornamenten". Diese Entwicklung zeichnete sich etwas versetzt auch bei den Akteuren des Bauhauses ab. In Zusammenarbeit mit der Firma Rasch GmbH aus Bramsche brachte die Kunstschule 1929 ihre erste Tapeten-Kollektion auf den Markt. Im "Frankfurter Register", einer Beilage der Zeitschrift "Das Neue Frankfurt" warb die Fa. Rasch mit kleinteiligen Punkt- und Strichmustern sowie Rastern in kräftigen Farben, von denen sich die Ernst-May-Gesellschaft im Rahmen des Rückbaus des Mayhauses bei der Reproduktion schließlich leiten ließ.

 

Werbung in der Beilage
"Das Frankfurter Register
der Zeitschrift "Das Neue
Frankfurt" im Jahr 1930 

 

Text: Dr. Peter Paul Schepp