By: ct
01.03.2019

Exponat des Monats März 2019

Vorgänger der „Tupperware“:
Das Kubus Geschirr von Wilhelm Wagenfeld


Standardisierungen und Massenprodukte entsprechen in den 1920er Jahren dem Zeitgeist in vielen Branchen der Industrie. Am Bauhaus und anderen Kunstgewerbeschulen bereitet man künftige Gestalter darauf vor, sich mit Entwürfen von Typen- und Standardformen in der Industrie zu behaupten und neue Maßstäbe zu setzen. So auch der ehemalige Bauhaus-Schüler Wilhelm Wagenfeld (1900-1990).


Kubus Geschirr (Foto: Christina Treutlein)

1935 bietet der größte deutsche Glaskonzern, die Vereinigte Lausitzer Glaswerke AG (VLG), Wagenfeld die künstlerische Mitarbeit in seinen Hüttenbetrieben an. Wagenfeld nimmt an, setzt in seinem Antwortschreiben aber kühn das Wort Leitung an Stelle der angebotenen künstlerischen Beratung. Schnell erkennt er, dass er nicht für das überwältigend große Sortiment der VLG verantwortlich zeichnen kann und schafft sich mit der „Rautenmarke“ ein eigenes Warenzeichen.


Unten die Rautenmarke (Foto: Christina Treutlein)

Neben der Gestaltung von Vasen, Tassen und dergleichen ist es vor allem das Pressglas, dem der Designer seine besondere Aufmerksamkeit schenkt. Der Ruf des Billigen und Schlechten haftet diesem Industrieprodukt an. Es ist dem Erfindungsreichtum Wagenfelds und seinem unermüdlichen Streben nach Qualität zu verdanken, dass diesem bislang kaum beachteten Nischenbereich die schönsten und gleichzeitig günstigsten Gläser der VLG entstanden. Zum größten Erfolg wurden dabei die "Kubus"-Vorratsbehälter von 1938 – ein Baukastensystem für den Kühlschrank. Die Idee kam Wagenfeld, als er sich eines dieser neuen Geräte anschaffte. Runde Töpfe versperrten darin schnell jeden Platz und bereits im Handel befindliche Vorratsbehälter aus Glas waren zwar für die Vorratshaltung, nicht aber für den gedeckten Tisch geeignet. Kästen und Krüge des „Kubus“-Geschirrs werden von Wagenfeld also formschön proportioniert. Die Kuben haben eine Kantenlänge von 9 cm bzw. 18 cm, die Wandstärke beträgt 4 mm. Jedes der sieben Kästen und Krüge hat einen hat einen sich nach innen verjüngenden Standring. Die Kruggefäße haben einen nach innen vertieft liegenden Griff und einen Ausguss, wodurch die Geschlossenheit der Kubusform und damit die Stapelbarkeit ohne unnötige Leerräume gewährleistet ist. Das „Kubus“-Geschirr wird sofort zum Verkaufserfolg. Wagenfeld ist hier ein Designklassiker im Bereich der Glasindustrie gelungen. Die Bezeichnung „Kubus“ für sein neues Geschirr – eine Hommage an das Bauhaus?


Gefäß mit Deckel (Foto: Christina Treutlein)

Text: Juliane Geißler und Christina Treutlein