By: ct
01.04.2019

Exponat des Monats April 2019

Spaltklinker, der Terrassenbelag in der Römerstadt


"[...] die durch wirt­schaft­li­che Be­dingt­hei­ten her­vor­ge­ru­fe­ne Ver­klei­ne­rung des Wohn­raums [führ­te] na­tur­not­wen­dig [...] zur Ver­grö­ße­rung der Frei­flä­chen, deren der Mensch nun ein­mal zur Ent­fal­tung sei­ner sinn­li­chen Kräf­te be­darf." Dies schrieb der Frank­fur­ter Gar­ten­bau­di­rek­tor Max Brom­me 1930, nur we­ni­ge Jahre nach Fer­tig­stel­lung der Sied­lung Rö­mer­stadt mit ihrem gro­ßen Grün­flä­chen­an­teil von 55 %. Einen Über­gangs­be­reich zwi­schen dem Haus und dem Gar­ten bil­det der "Frei­licht-Wohn­raum" - die Ter­ras­se. Ihr Raum wird rechts und links durch Mau­ern vom Nach­bar­grund­stück ab­ge­grenzt, eine Decke bil­den die be­grün­ten Rank­dräh­te. Auch für die­sen "Raum" gab es Stan­dards, wie bei­spiels­wei­se den Bo­den­be­lag. In der Rö­mer­stadt war es Spalt­klin­ker. Die ein­zel­nen Zie­gel mes­sen 24 cm x 12 cm und wur­den in einem Bett aus Ma­ger­mör­tel im flach lie­gen­den Läu­fer­ver­band ver­legt.

Spaltklinker

Fotos: Christina Treutlein

Spalt­klin­ker sind grob­ke­ra­mi­sche Flie­sen aus einer Mi­schung von Scha­mot­te, Feld­spat und weiß- oder rot­bren­nen­den Tonen. Die tei­gi­ge Roh­mas­se wird in Stan­gen ge­presst, auf die ent­spre­chen­de Länge ge­schnit­ten, ge­trock­net und an­schlie­ßend bei 1200 °C ge­brannt. Erst nach dem Brenn­vor­gang wer­den die paar­wei­se ge­fer­tig­ten Plat­ten - der Rü­cken zwei­er Plat­ten liegt mit Ste­gen ver­bun­den an­ein­an­der, um Ver­for­mun­gen beim Brand durch un­ter­schied­lich struk­tu­rier­te Ober- und Un­ter­sei­ten zu re­du­zie­ren - von­ein­an­der ge­trennt resp. ge­spal­ten. Daher der Name Spalt­klin­ker.


Spalt­klin­ker sind ein idea­ler Bo­den­be­lag für "Frei­licht-Räu­me", da sie was­ser­ab­wei­send, frost­fest und lang­le­big sind. Mit den Jah­ren er­hal­ten sie ihre apar­te Pa­ti­na, die aus jeder Flie­se ein Uni­kat macht. Aus die­sem Grund war es für die ernst-may-ge­sell­schaft keine Frage, bei der Wie­der­her­stel­lung der Ter­ras­se des Mus­ter­hau­ses des Neuen Frank­furt nach ori­gi­na­len Spalt­klin­kern zu su­chen, denn der ur­sprüng­li­che Belag dort wurde vor Jah­ren ab­ge­tra­gen. In der Nach­bar­schaft fan­den sich zwei sa­nie­rungs­be­dürf­ti­ge, um 1928 ge­bau­te Ter­ras­sen, deren un­be­schä­dig­te Flie­sen von ei­ni­gen Ver­eins­mit­glie­dern in mü­he­vol­ler Hand­ar­beit mit Ham­mer und Mei­ßel aus­ge­baut und am may­haus zu einer "neuen" Ter­ras­se ver­legt wur­den.

Text: Christina Treutlein