"[...] die durch wirtschaftliche Bedingtheiten hervorgerufene Verkleinerung des Wohnraums [führte] naturnotwendig [...] zur Vergrößerung der Freiflächen, deren der Mensch nun einmal zur Entfaltung seiner sinnlichen Kräfte bedarf." Dies schrieb der Frankfurter Gartenbaudirektor Max Bromme 1930, nur wenige Jahre nach Fertigstellung der Siedlung Römerstadt mit ihrem großen Grünflächenanteil von 55 %. Einen Übergangsbereich zwischen dem Haus und dem Garten bildet der "Freilicht-Wohnraum" - die Terrasse. Ihr Raum wird rechts und links durch Mauern vom Nachbargrundstück abgegrenzt, eine Decke bilden die begrünten Rankdrähte. Auch für diesen "Raum" gab es Standards, wie beispielsweise den Bodenbelag. In der Römerstadt war es Spaltklinker. Die einzelnen Ziegel messen 24 cm x 12 cm und wurden in einem Bett aus Magermörtel im flach liegenden Läuferverband verlegt.
Spaltklinker Fotos: Christina Treutlein |
Spaltklinker sind grobkeramische Fliesen aus einer Mischung von Schamotte, Feldspat und weiß- oder rotbrennenden Tonen. Die teigige Rohmasse wird in Stangen gepresst, auf die entsprechende Länge geschnitten, getrocknet und anschließend bei 1200 °C gebrannt. Erst nach dem Brennvorgang werden die paarweise gefertigten Platten - der Rücken zweier Platten liegt mit Stegen verbunden aneinander, um Verformungen beim Brand durch unterschiedlich strukturierte Ober- und Unterseiten zu reduzieren - voneinander getrennt resp. gespalten. Daher der Name Spaltklinker.
Spaltklinker sind ein idealer Bodenbelag für "Freilicht-Räume", da sie wasserabweisend, frostfest und langlebig sind. Mit den Jahren erhalten sie ihre aparte Patina, die aus jeder Fliese ein Unikat macht. Aus diesem Grund war es für die ernst-may-gesellschaft keine Frage, bei der Wiederherstellung der Terrasse des Musterhauses des Neuen Frankfurt nach originalen Spaltklinkern zu suchen, denn der ursprüngliche Belag dort wurde vor Jahren abgetragen. In der Nachbarschaft fanden sich zwei sanierungsbedürftige, um 1928 gebaute Terrassen, deren unbeschädigte Fliesen von einigen Vereinsmitgliedern in mühevoller Handarbeit mit Hammer und Meißel ausgebaut und am mayhaus zu einer "neuen" Terrasse verlegt wurden.
Text: Christina Treutlein