Die Siedlung Römerstadt war die erste voll elektrifizierte Siedlung Deutschlands. Jedes Zimmer war mit elektrischer Beleuchtung und mehreren Steckdosen ausgestattet – die Technikbegeisterung der 1920er Jahre ließ erwarten, dass das Großstadtleben bald auch im Privaten nicht mehr ohne elektrische Unterstützung auskommen würde. Dies galt in besonderem Maße für den Haushalt, den die Planer des Neuen Frankfurt mit Hilfe elektrischer Geräte auf ein Minimum von Aufwand beschränken wollten. Staubsauger, Haartrockner, Kaffeemaschinen, Toaster, Heißwasserkocher und vieles mehr sollten den Menschen in den Siedlungen das Leben erleichtern.
Küchenherd in Hybridausführung: Elektrische Herdplatten (re) und Kohlefeuerung (li) als Raumheizung und zum Heizen des Bügeleisens Foto: Reinhard Wegmann |
Die Elektrifizierung bedeutete jedoch auch eine enorme Umstellung im Arbeitsalltag der Frankfurter Hausfrauen. Viele begegneten der technischen Innovation sehr skeptisch. Die Frankfurter Elektrizitätswerke und die Firma Prometheus – Hersteller elektrischer Herde und Backöfen – veranstalteten daher in einer Lehrküche eigene Kochkurse, um Vorurteile abzubauen. Jeweils 12 Hausfrauen wurden hier in einem Tag von acht Unterrichtsstunden an die neue Technik herangeführt.
Elektrischer Toaster von Rowenta (ab 1915) |
Doch nicht nur an dieser Stelle versuchte man, die moderne Technik zu popularisieren – versprach sie doch, dem Postulat der Sparsamkeit ohne größere Unannehmlichkeiten zum Sieg zu verhelfen. Die Ausstellungen " Der neuzeitliche Haushalt " und " Heim und Technik " fungierten Ende der 1920er Jahre in Frankfurt und München als Schaufenster hauswirtschaftlicher Zukunft und begeisterten ein breites Publikum. Auch Bücher wie Irene Wittes "Die rationelle Haushaltsführung ", Erna Meyers "Der neue Haushalt" oder die Zeitschrift "Deutsche Hausfrau" verfehlten ihre Wirkung nicht und vermittelten das Potential technischer Innovation im Hausgebrauch.
Elektrischer Haartrockner von AEG (ab 1910) |
Auch die Bewohner der Römerstadt waren bald voller Begeisterung für diese neuen Möglichkeiten. Ihre entzückten Briefe an den Stadtbaumeister Ludwig Grüning betreffs der elektrischen Küche zeigen, dass das Modell ein Erfolg war. Ernst May legte mit der ersten voll elektrifizierten Siedlung Deutschlands den Grundstein für eine Hausausstattung, die heute zur Norm geworden ist.
Text: Gilbert Töteberg