01.11.2019

Exponat des Monats November 2019

Tee-Service „Haarlem“ von Ursula Fesca


Geometrische Formen, schnörkellose Fassaden und leuchtende Farben – viele der Bewohnerinnen und Bewohner der May-Siedlungen schätzten den neuen Stil der Häuser und setzten diesen bis ins kleinste Detail in ihrer Wohnungen fort. Dies belegt das Wächtersbacher Tee-Service „Haarlem“ aus einem Haushalt in Bornheim.

Die Firma Wächtersbach hatte kurz vor ihrem 100 Jubiläum im Jahr 1932 unter Absatzproblemen zu leiden, was nicht zuletzt an den immer noch produzierten, aber schon damals nicht mehr populären Art Deco-Designs lag. Um einer Insolvenz zu entgehen, entschloss sich die Firmenleitung zu einem gestalterischen Neubeginn und engagierte die Keramikerin Ursula Fesca (1900-1975), die sich bereits in den Steingutfabriken in Velten-Vordamm und Elsterwerda einen Namen als moderne Gestalterin gemacht hatte.
 

Tee-Service „Haarlem“ von Ursula Fesca
Foto: Christina Treutlein


Wie auch in der Architektur spielte die Gestalterin mit Asymmetrien und rückten beispielsweise den Deckel der Teekanne etwas aus der Mitte. Ursula Fesca ließ sich auch von den geometrischen Formen der am Bauhaus entwickelten Service inspirieren. Doch setzte sie nicht Kugeln und Quadrate zu einer unpraktischen Teekanne zusammen, sondern nahm die Grundformen als Basis und wandelte sie etwas ab. Für das Service „Haarlem“ drückte sie die Kugel leicht zu einer ovalen Form zusammen und der kegelförmige Ausguss erhielt eine Schnauze, so dass die Kanne nicht tropfte. Es entstand ein modernes Service, das auch im alltäglichen Gebrauch funktionierte und maschinell hergestellt werden konnte. Die ovale Form ist das bestimmende Prinzip des Services, weshalb der Deckel in den Kannenbauch integriert und nicht aufgesetzt wurde. Nur der orangefarbene Knauf weist auf den Deckel hin. Auch bei den Tassen wurden alle auf das Grundoval aufgesetzten Formen (Henkel und Standring) farbig akzentuiert. Der Form-Entwurf des Tee-Services ist auf Januar/Februar 1932 datiert. Dekore hingegen gab es verschiedene. In den frühen 1930er Jahren war das Service weiß, hellgelb oder rot glasiert mit Schwarz oder Dunkelbraun als Kontrastfarbe für Knauf, Griffe, Ausguss, in den 1950er Jahren wurde es dem Zeitgeschmack entsprechend auch mit Punkten oder Blüten dekoriert.

Das Service „Haarlem“ ist eines der bekanntesten Entwürfe von Ursula Fesca. Es steht für zeitlos modernes, formschönes und preiswertes Gebrauchsgeschirr aus Steingut, das die Firma Wächtersbach über Jahre einen guten Absatz garantierte. Leider ist das Service hier heute nicht mehr vollständig.

Text: Christina Treutlein