Ernst May zeigt sich in der neuen Sonderausstellung von einer weitgehend unbekannten Seite - der des Zeichners und Fotografen.
Früh durch das künstlerische Talent seines Vaters geprägt, erlernte May bereits in jungen Jahren das Skizzieren und Aquarellieren. Auf seinen Streifzügen durch die Natur fing er mit Zeichenstift und Skizzenbuch eindrucksvolle Impressionen ein. Mit Hilfe von Blei- und Buntstiften, Tusche und Aquarellmalerei hielt er seinen persönlichen Blick auf die Welt fest. Im Laufe der Zeit veränderte sich dieser allerdings deutlich. Besonders der Erste Weltkrieg wurde für May zum einschneidenden Erlebnis. Vor 1914 brachte er seine Skizzen noch mit filigranen Linien sowie organischen Formen des Jugendstils auf Papier. Bereits kurz nach Kriegsausbruch, besonders aber gegen Ende des Krieges, dominieren harte Linienführung und ein starker Hell-Dunkel Kontrast.
Ebenfalls aus dieser Zeit stammen erste Entwürfe zu Kriegsgedenkstätten. Hierbei spielt der Zeichner May besonders stark mit Licht und Schatten. Einer düster anmutenden Umwelt setzt May leuchtend weiße Denkmäler entgegen, die Ihre Umgebung überstrahlen. Rückblickend nennt er die Kriegsjahre eine „Periode steter Reifung“, welche sein Leben nachhaltig beeinflusste.
Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete May zunächst in Schlesien und ab 1925 als Stadtbaurat in Frankfurt am Main. In diesen Jahren erwarb der technikaffine May als einer der ersten die von der Firma Leitz in Wetzlar kurz zuvor entwickelte Kleinbildkamera. Das neue Medium Fotografie diente in erster Linie der Dokumentation des Baufortschritts der einzelnen Siedlungen in Frankfurt am Main. Für diese Aufgabe griff May auf professionelle Fotografen zurück.
Der Blick des Stadtplaners und Architekten wird ebenfalls anhand zahlreicher Diapositive deutlich, die während seiner Zeit in Russland (1930-1933) und Ostafrika (1934-1953) entstanden. Mays Fotografien dokumentieren dabei neben der Arbeitsroutine auch seinen persönlichen Alltag in der Familie.
Nach seiner Rückkehr aus Afrika 1954 tritt der private May in seinen Fotografien immer deutlicher in Erscheinung. Die Leica, die May liebevoll als seine „Geliebte“ bezeichnet, wird zur ständigen Begleitung. Sie ist auf seinen Auslandsreisen ebenso dabei wie in der Privatheit des Gartens seines Hauses in Hamburg. Die Betrachtung der Natur aus immer neuen Blickwinkeln ist hier, wie auch schon in seiner frühen Lebensphase, ein zentrales Thema seines Schaffens.
Es ist dieser sich immer wieder wandelnde Blick von Ernst May auf seine Umwelt, den wir Ihnen in unserer Sonderausstellung nahe bringen möchten. Anhand von Zeichnungen und Fotografien aus Mays Nachlass wird er besonders verdeutlicht. Durch Leihgaben des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg und des Deutschen Architekturmuseums Frankfurt wird das Spektrum noch erweitert. Zwei Highlights innerhalb der Ausstellung bilden die Leica und der Stereo-Diabetrachter aus Mays persönlichem Besitz. Zudem erscheint - dank großzügiger Unterstützung des Lions-Club Frankfurt-Museumsufer und privater Förderer - ein Faksimile eines Skizzenbuches von Ernst May.
Die ernst-may-gesellschaft freut sich, Ihnen ab dem 29. November die Sonderausstellung im ernst-may-haus präsentieren zu dürfen. Die Vernissage findet am 29. November 2014 um 18 Uhr statt. Die Ausstellung selbst ist bis zum 30. März 2015 zu den gewohnten Öffnungszeiten zu sehen.