Durch Zufall wurde dieser Stein 2022 von einem Mitglied der ernst-may-gesellschaft in einem Bauschuttcontainer in der Straße Am Ebelfeld entdeckt. Bei dem für viele zunächst undefinierbaren Objekt handelt es sich um einen Schamotte-Stein, mit dem das Schornsteinrohr eines Einfamilienreihenhauses ummantelt war.
Schamotte-Stein, Außenseite
Foto: Christina Treutlein, ernst-may-gesellschaft e.V.
Schamotte sind feuerfeste, künstlich hergestellte Steine mit 10-45 % Aluminiumoxid. Das preiswerte Material kann gut Wärme speichern und isolieren, weshalb es häufig bei Kaminen und zur Auskleidung des Brennraumes in Öfen Verwendung findet. Der Rohstoff von Schamotte-Steinen besteht aus Tonmineralen mit hohem Kaolinanteil, woraus zunächst eine Schamottekörnung hergestellt wird. Dafür wird zerkleinerter Rohton getrocknet, gebrannt und zur benötigten Feinheit gemahlen. Die entstandene Schamottekörnung wird dann mit neuem Rohton als Bindematerial gemischt. Je nachdem wie viel Wasser hinzugegeben wird, lässt sich die Masse in die gewünschte Form gießen, pressen oder formen. Eine niedrigere Wassermenge hat ein höherwertiges Endprodukt zur Folge (höhere Dichte und Hitzebeständigkeit). Die rohen Schamotte-Steine müssen schließlich bei einer Temperatur zwischen 1000° C und 1400° C gebrannt werden, so dass sie später, wenn sie großer Hitze ausgesetzt sind, in ihrer Form und Größe nicht nachschwinden.
Materialstruktur des Schamotte-Steins
Foto: Christina Treutlein, ernst-may-gesellschaft e.V.
Schamotte-Steine sind recht porös. Deshalb wird ihre Außenseite (nicht dem Feuer zugewandt) beispielsweise bei der Verwendung in Kachelöfen mit Fliesen verkleidet. Unser Stein bekam zum Schutz außen eine schwarze Glasur. Der 20 cm x 23 cm x 10 cm messende Stein trägt auf der Innenseite einen Herstellerstempel: „Wilhelm Böttcher / Weissenburg i. B. / Verbands-Fabrik“.
Herstellerstempel
Foto: Christina Treutlein, ernst-may-gesellschaft e.V.
Der aus Schwerin kommende Hafner Wilhelm Böttcher (1853-1923) meldete sein Gewerbe am 19. Mai 1910 in Weißenburg in Bayern (Mittelfranken) an. Die in der Jahnstraße gelegene Ofenfabrik beschäftigte damals 15-20 Arbeiter. Offensichtlich stellte diese Fabrik noch keine Schamotte-Steine her, denn vier Jahre später, am 3. April 1914, gründete Schwiegertochter Katharina Böttcher (1886-1921) auf dem Anwesen die „Mittelfränkische Chamotte-Ofenfabrik Weißenburg i. B.“. Nach Auskunft des Stadtarchivs Weißenburg ist unklar, wann die Böttcher das Unternehmen an seinen Sohn Wilhelm Böttcher (*1886) übergab. 1928 meldete die Firma Konkurs an, Ende 1929 kam es zur Zwangsversteigerung. Der 1927/1928 im 2. Bauabschnitt Praunheims verbaute Schamotte-Stein war somit aus einer der letzten Chargen, welche die ca. 230 km entfernte Fabrik verließen.
Schamotte-Stein, Innenseite
Foto: Christina Treutlein, ernst-may-gesellschaft e.V.
Text: Christina Treutlein mit freundlicher Unterstützung von Reiner Kammerl, Stadtarchiv Weißenburg