Von: Dr. Eckhard Herrel
30.12.2010

Jahresrückblick 2010

Restauration des Musterhauses wird gefeiert
Rückblick auf Veranstaltungen und Tätigkeit


Liebe Mitglieder, Freundinnen und Freunde der ernst-may-gesellschaft,

das Jahresende ist traditionell die Zeit, das Erreichte zu bilanzieren, aber auch eine gute Gelegenheit neue Ziele zu definieren. Das Hauptereignis dieses Jahres war zweifellos der planmäßige Abschluss der Restaurierungsarbeiten am und im ernst-may-haus – rechtzeitig zu Ernst Mays 124. Geburtstag am 27. Juli. Diesen Anlass haben wir mit über hundert Gästen im zeltüberdachten Garten des ernst-may-hauses gebührend gefeiert. Der Kulturdezernent Professor Dr. Felix Semmelroth überbrachte die Grüße unserer Schirm­herrin, Oberbürgermeisterin Dr. h.c. Petra Roth, sowie des Magistrats der Stadt Frankfurt und würdigte in seiner Rede die Leistung der ernst-may-gesellschaft. Professor Dr. Wolfgang Pehnt erhielt für seinen Festvortag „Neuer Mensch und alter Adam – Zum Menschenbild im Sozialen Wohnungsbau der Weimarer Republik“ sehr viel Applaus. Und der 1. Violinist des Ensemble Modern, Jagdish Mistry, sorgte mit Solo Sonaten von Paul Hindemith und Ernst Krenek für den anspruchsvollen musikalischen Rahmen der Veranstaltung. Über die Eröffnung des Musterhauses des Neuen Frankfurt berichtete nicht nur die Tages- und Fachpresse, sondern auch der Rundfunk sowie das Hessenfernsehen und Sat 1. Kurzfassungen dieser Beiträge finden Sie im „Pressespiegel“ auf unserer Homepage.

Abb. 1: Eröffnung des ernst-may-hauses am 27. Juli 2010. Jagdish Mistry spielt vor aufmerksamen Publikum. In der ersten Reihe (v. l. n. r.): Dr. Ann Anders, Dr. Christoph Mohr, Hermann-Josef Birk, Professor Dr. Wolfgang Pehnt, Dr. Eckhard Herrel, Professor Dr. Felix Semmelroth. Foto Andreas Skiborski

Abb. 1: Eröffnung des ernst-may-hauses am 27. Juli 2010. Jagdish Mistry spielt vor aufmerksamen Publikum. In der ersten Reihe (v. l. n. r.): Dr. Ann Anders, Dr. Christoph Mohr, Hermann-Josef Birk, Professor Dr. Wolfgang Pehnt, Dr. Eckhard Herrel, Professor Dr. Felix Semmelroth. Foto Andreas Skiborski

Bis wenige Stunden vor der offiziellen Eröffnung waren die Handwerker und Restauratoren im Haus tätig gewesen. Nach der Verlegung des Linoleums mussten noch die Abschussleisten an den Fußleisten angebracht und gestrichen werden. Den größten zeitlichen Aufwand und sehr viel Fingerspitzengefühl bei dem Restauratorenteam von Andrea Frenzel erforderte das Anbringen der sehr dünnen Tapeten in den beiden Erdgeschossräumen. Wir hatten die so genannten „Billigen Bauhaus-Tapeten“ nach einem Original-Musterblatt aus dem Frankfurter Register im ‚Atelier für historische Tapeten’ in Wernigerode am Harz nachdrucken lassen. Da es sich um eine Tapete mit Struktur handelte, musste eine spezielle Metall­walze angefertigt werden, um die Tapetenbahnen prägen zu können. Künftig sind wir in der Lage, beliebige Mengen der „Originalen Bauhaus-Tapete“ in der jeder gewünsch­ten Farb­stellung nachdrucken zu können. Anfra­gen von Denkmal­pflegern, Architekten und privaten Bau­herren sind uns sehr willkommen.

Ein ausführlicher Bericht über den Rückbau des Einfamilien­reihenhauses in den Zustand von 1928 ist unter dem Titel „Ein Musterhaus des Neuen Frankfurt“ in Denk­mal­pflege & Kulturgeschichte, Heft 4, 2010, erschienen.

Nachdem die Restaurierungsarbeiten abgeschlossen sind – deren Finanzierung und Begleitung viel Zeit und Arbeitskraft gekostet hat – werden wir uns künftig verstärkt den Dokumentations­aufgaben sowie der Informationsvermittlung widmen und die Forschungsarbeit intensivieren.

Im Frühjahr hatten wir einen Kurzfilm in Auftrag gegeben, der den Besuchern des Musterhauses einen Einstieg in die Thematik des Neuen Frankfurt vermitteln und die häufig gestellten Fragen beantworten soll. Am 19. Oktober fand die Uraufführung des zwölfminütigen Dokumentarfilms von Dr. Otto Schweitzer „Die demokratische Stadt. Das Neue Frankfurt 1925-1930“ im überfüllten Theater Willy Praml in der Naxoshalle statt. Der Film wurde mit viel Beifall aufgenommen und die anschließende Podiumsdiskussion war – trotz niedriger Raumtemperaturen – sehr angeregt. Der Film wird nun den Besuchern des ernst-may-hauses auf einem Monitor im ‚Wohnzimmer’ gezeigt.

Am 29. November waren wir erneut bei Willy Praml in der Naxoshalle zu Gast. Was ursprünglich als Uraufführung der filmischen Aufzeichnung der ‚maylesung 1‘ mit Hilmar Hoffmann am 22. Mai im Garten des ernst-may-hauses geplant war, konnten wir mit tatkräftiger Hilfe der Fördervereine der Frankfurter Museen und Kultureinrichtungen zu einem „Abend für Hilmar Hoffmann“ ausbauen. Durch das abwechslungsreiche Programm mit Film, Vortrag, Musik, Theater, Lesung und Gesang führte die hr1-Moderatorin Petra Diebold. Mit diesem nachträglichen Geschenk zum 85. Geburtstag haben wir unserem Kuratoriumsmitglied und großem Förderer der Frankfurter Kultur unseren Dank erwiesen.

An Ernst Mays 40. Todestag, dem 11. September, haben wir an seiner Grabstelle auf dem Frank­furter Hauptfriedhof – in Anwesenheit seiner inzwischen 90jährigen Nichte Renate Schaefer – einen Kranz niedergelegt. Anschließend hat uns unser Mitglied, der Stadtführer Christian Setze­pfandt, bedeutende Grabmäler aus den 1920er und 30er Jahren gezeigt und erläutert.

Das diesjährige – mit fünf Führungen, einer Tagesexkursion nach Stuttgart, zwei Lesungen und einem Vortrag sowie einem Film- und einem Theaterabend – insgesamt sehr abwechslungsreiche Veranstaltungsprogramm fand am 7. Dezember mit dem ‚maygespräch 1‘ seinen Abschluss. Diese neue Veranstaltungsreihe findet künftig im ‚Wohnzimmer’ des ernst-may-hauses statt und ersetzt den bisherigen maytisch im Bornheimer Gasthaus „Zur Sonne“. Vortragender war Architekt Manlio Michieletto, Universität Venedig, der von September bis Dezember 2010 ein Wohn- und Arbeits­platz­stipendium im ernst-may-haus erhalten hat, um sein Forschungsprojekt „Comporre la Sied­lung: Ernst May, Römerstadt 1927-1928“ hier abzuschließen. Die Thesen seiner Dissertation wurden von den rund 20 Gästen sehr anregend diskutiert. Die Doktorarbeit wird demnächst in unserer Präsenzbibliothek einsehbar sein.

Sollte Ihnen das eine oder andere Weihnachts-/Neujahrsgeschenk noch fehlen, empfehlen wir Ihnen einen Blick in unseren ‚mayshop‘ zu werfen. Dort finden Sie interessante Publikationen zum Thema (Neues) Frankfurt, nützliche Produkte – wie den ‚Frankfurter Kochlöffel’ – und unsere DVD-Produktionen. Neu erschienen in dieser Reihe sind jetzt die DVD 4 „Die demokratische Stadt“ und DVD 5 „Hilmar Hoffmann liest im ernst-mayhaus“.

Alle Artikel können direkt im ernst-may-haus erworben oder über die Geschäftsstelle bestellt werden. Unseren Mitgliedern gewähren wir sehr günstige Sonderkonditionen.

Seit August dieses Jahres wurden die Öffnungszeiten des ernst-may-hauses nochmals deutlich erweitert. Das Musterhaus kann jetzt regelmäßig von Dienstag bis Samstag von 11 bis 16 Uhr besichtigt werden. Für Gruppen können auch außerhalb dieser Zeiten Führungen vereinbart werden. Der Eintritt beträgt 4,-- Euro, ermäßigt 2,-- Euro. Für Mitglieder ist der Eintritt selbstverständlich frei. Im neuen Jahr wollen wir die Öffnungszeiten noch familienfreundlicher gestalten. Vorausgesetzt wir finden genügend Aufsichtspersonen, wird das ernst-may-haus ab Januar 2011 samstags und sonntags von 12 bis 17 Uhr geöffnet sein. Montag und Freitag bleibt dann das Haus geschlossen.

Die ernst-may-gesellschaft hat jetzt bereits 216 Mitglieder. Mit Ihrem Beitrag stärken Sie nicht nur die Finanzkraft – und damit den Handlungsspielraum – unseres gemeinnützigen Vereins, sondern auch seine Bedeutung in der Frankfurter Kulturlandschaft. Wir freuen uns daher sehr über jedes neue Mitglied! Das Formular des Mitgliedsantrages können Sie von unserer Homepage herunter laden. Alle in diesem Jahr neu eingetretenen Mitglieder werden wir – zum gegenseitigen Kennen­lernen – Anfang 2011 zu ‚Kaffee und Kreppel’ in das ernst-may-haus einladen.

Sollten Sie Ihren ‚Etat’ für Weihnachtsspenden noch nicht gänzlich aufgebraucht haben, freuen wir uns sehr über eine finanzielle Zuwendung. Sie erhalten dafür von unserem Schatzmeister umge­hend eine steuerabzugsfähige Spendenbescheinigung.

Weil unser Budget für Drucksachen und Porto bereits vollständig ausgeschöpft ist, haben wir uns schweren Herzens entschlossen, dieses Jahr auf die Versendung des traditionellen ‚Jahresgrußes’ zu verzichten.

Stattdessen wünschen Ihnen der Vorstand und die Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle auf diesem Wege ein friedvolles, stimmungsvolles Weihnachtsfest und einen guten Start in ein neues, spannendes Jahr 2011!