Von: ct
06.12.2021

Exponat des Monats Dezember 2021

Ernst Mays Stereoskop


Der Begriff Stereoskop setzt sich aus den beiden griechischen Worten „stereo“ für Raum/räumlich und „skopeo“ für betrachten zusammen. Es ist also ein Gerät, mit dem man Bilder anschauen kann, die dem Betrachter dreidimensional erscheinen.

 


Ernst Mays Stereoskop
Foto: Christina Treutlein, ernst-may-gesellschaft e.V.

 

Dabei sind die betrachteten Bilder ganz normale, zweidimensionale (Höhe/Breite) Fotografien. Das fotografierte Motiv wurde aber aus zwei, leicht voneinander abweichenden Perspektiven aufgenommen, ganz so, als ob man einen Gegenstand einmal nur mit dem rechten und dann nur mit dem linken Auge betrachtet. Erst unser Gehirn macht aus den beiden Ansichten ein räumliches Bild mit drei Dimensionen (Höhe/Breite/Tiefe).

 

Stereoskopische Fotografien wurden folglich von einer Kamera aufgenommen, die zwei Objektive hat. Der Abstand der nebeneinander liegenden Objektive entspricht etwa dem Augenabstand. Mit dem Auslösen der Kamera nehmen die Objektive gleichzeitig je ein Bild auf. Die beiden Einzelbilder werden zu einem Bildpaar montiert, einer sogenannten stereoskopischen Doppelaufnahme, die in den Betrachtungsapparat (Stereoskop) eingelegt wird. Stereoskope waren ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis in die 1950er Jahre beliebt und recht weit verbreitet. Im Ersten Weltkrieg wurden Stereoskopien auch von der Armee genutzt, um den Feind auszuspionieren und detaillierte Aufnahmen vom Gelände hinter der Front zu machen. Ernst May nutzte seine Zweiobjektiv-Kamera vor allem
während seines Aufenthaltes in der Sowjetunion.

 


Stereographischen Fotografie. Fotograf: Ernst May, Sibirien 1931
Sammlung Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt am Main

 

Seine 1931 in Sibirien gemachte Aufnahme ist ein schönes Beispiel für eine stereoskopische Aufnahme. Sie wirkt besonders dreidimensional, da der Bildaufbau klar gestaffelt ist in ein scharfes Motiv im Vordergrund und einen etwas diffusen Hintergrund.

 

 
Seitenansicht des Stereoskops und Blick ins Innere
Fotos: Christina Treutlein, ernst-may-gesellschaft e.V.

 

Ernst Mays Stereoskop ist ein französisches Fabrikat der Marke Taxiphote Breveté S.G.D.G. Dementsprechend ist die außen angebrachte Bedienungsanleitung in Französisch. Bis zu 24 Bilder können in den Betrachter eingelegt werden. Durch die Betätigung des seitlich angebrachten Hebels können die Bilder weitertransportiert werden, um sie nacheinander zu betrachten. Mit den beiden ebenfalls seitlich angebrachten Drehknöpfen wird die Schärfe reguliert, indem die beiden Linsen weiter zum Betrachter herausgefahren werden. Über die opake Glasscheibe auf der gegenüber liegenden Seite fällt das benötigte Licht in das Innere des Geräts.

 

Thomas May hatte das Stereoskop seines Vaters aufbewahrt und mit nach Florida genommen. Dank des Engagements von Dr. Eckhard Herrel gelangte das Gerät von dort in die Sammlung der ernst-may-gesellschaft.

 

 

Text: Christina Treutlein